Freitag, 9. August 2013

Zirkus und Origami mit Abschied und Traenen

Heute war mein letzter Arbeitstag. Na ja, wie wars? Komisch eben. Ich wandle so durch die Gaenge, geniesse noch einmal die durch Smogg-Wolken und Nebel graue Aussicht ueber Bogotà und erinnere mich auch an die schoenen sonnigen Tage, an denen die Sonne so wunderbare Schatten auf das Meer aus Haesern wirft, die sich wie Baukloetzer aufeinander und uebereinander an den Berghaengen stappeln. Gebe feste Umarmungen, verdrueckte die ein oder andere Traene, verteile kleine Geschenke, bekomme Wuensche und gute Worte mit auf den Weg gegeben und bin ein bisschen traurig und enttaeuscht, dass es auf Arbeit nicht immer so war, wie es haette sein sollen und dass es aufgrund der vielen neuen Mitarbeiter, eine etwas kuehlere und verhaltenere Verabschiedung gab, als man es sonst kennt. Mit welchem Gefuehl schliesse ich die Tuer hinter mir? Was trage ich jetzt mit mir mit, was immer bei mir bleiben wird?
Ich winke das letzte Mal den Colectivo-Bus ran, und fahre 40 Minuten die altbekannte Strecke und wundere mich, wie komisch fuer mich immer noch einige Sachen sind.

Ich moechte noch ein paar Impressionen geben aus meinen letzten Arbeitswochen.
Nach unserem Urlaub durften endlich, aufgrund des Mitarbeitermangels, eine Woche lang selbst Projekte durchfuehren. Das hat gut gepasst, weil wir zu der Zeit genau fuenf Freiwillige waren. Anna und Hugo aus Berlin haben uns insgesamt 5 Wochen begleitet. Es gab ein Theaterkurs, ein Chor, Armbaender knuepfen und ich habe mit meiner Gruppe Origami-Lampen gebastelt. Ich war erstaunt, dass einige Jugendliche grosse Probleme hatten Schablonen aufs Papier zu zeichen und sie anschliessend sauber auszuschneiden. Aber dafuer ueben wir soetwas ja. Die Ergebnisse sind grossartig und alle waren sehr froh am Ende der Woche eine eigene Lampe mit nach Hause nehmen zu duerfen.





Fuer den Donnerstag haben wir uns etwas ganz besonderes ausgedacht. Joana und ich haben unsere Zirkusfreunde eingeladen. Wir haben mit zwei Clowns gerechnet, letztendlich kamen fuenf und wir waren ueberrascht, dass alles so gut geklappt hat. Sie haben zwei Shows gemacht. Eine fuer die aelteren, eine fuer die Kindergartenkinder. Es hat allen gut gefallen und viel Spass gemacht. Wir waren ganz schoen stolz, dass wir das endlich nochmal geschafft haben und den Kindern ein kleines Laecheln aufs Gesicht zaubern konnten.













Jetzt gibt es in der Corporacion einige neue Lehrer und zwei alte, die vorher gekuendigt hatten und doch wieder zurückgekommen sind. Es wurde viel aufgeraeumt, aussortiert, organisiert und gebastelt...


Flugblaetter austeilen fuer die Muelltrennung

Auch wenn es nicht so aussieht- aber wir koennens jetzt! :)- Geschenke machen fuer die Kinder

Kunstworkshop, schnitzen

Klettergeruest bemalen

Nachdem meine Kurse zum Semesterende aufgehoert haben, habe ich angefangen zweimal die Woche nach der Arbeit zum trommeln zu gehen. Ich habe wieder etwas ganz tolles fuer mich wiederentdeckt. Kolumbianische Rhythmen, die ganz tief gehen. Das macht so einen Spass, ist pure Freude und bringt soviel Energie.
Ja jetzt heisst es langsam Sachen packen, mich organisieren und Zukunft planen. Wie sehen uns ab 21.8. wieder. Terminanfragen sind ab sofort moeglich ;)
Bis dahin,
eure Janka


Mittwoch, 24. Juli 2013

Pazifik

Ich kann die Wochen schon abzaehlen. 4,3,2,.....1! Die Zeit rennt, bald bin ich wieder da. In diesem Eintrag moechte ich ueber meine letzte grosse Reise an den Kolumbianischen Pazifik berichten.

Nach dem Umbruch auf Arbeit, waren auch wir ziemlich deprimiert, alles ging drunter und drueber und wir hatten auch keine wirklichen Aufgaben mehr. Gluecklicherweise bekamen wir zum darauffolgendem verlaengertem Wochenende noch ein paar Tage dazugeschenkt, sodass wir unsere letzte grosse Reise zum Pazifik doch noch unternehmen konnten. Viele warnten uns, es solle dort immernoch sehr gefährlich sein. Doch wie fast ueberall in Kolumbien hat sich die Sicherheitslage in den letzten Jahren erheblich verbessert.

Wir, also Joana und ich, fuhren mit unserem Gepaeck zum Busbahnhof (hier: Terminal de Transporte) und suchten nach einem Busunternehmen, das nach BUENAVENTURA faehrt. Das funktioniert so: Wenn man das richtige Eingangs-Portal endlich gefunden hat (sortiert nach Abfahrt in Himmelsrichtungen) sucht man an den Schaltern der Busunternehmen an den Blinkschildern nach ihren Zielen. Da es immer mehrere Unternehmen gibt, die zum gleichen Ziel fahren, aber unterschiedliche Fahrtzeiten und Preise haben, lohnt es sich immer, sich bei allen vorher zu erkundigen. An diesem Abend war der Terminal sehr voll und so mussten  nicht nur wir ewig an den Schaltern anstehen, nur um zu fragen, ob sie nach Buenaventura fahren und wenn ja, wann und wie viel es kostet. Das hat uns eine Stunde gekostet. Ich haette da eine effizientere Variante: Warum stellen die Unternehmen nicht einfach Schilder auf oder haengen wenigstens einen Zettel hin wo drauf steht, wohin sie fahren, zu welchen Uhrzeiten und wie viel es kostet. Das wuerde einiges an Zeit und Nerven ersparen. Aber warum auch so unkomliziert, wenn nicht ein bisschen Abenteuer auch gut tut?!
Das Ende der Geschichte war dann, dass wir die Direktbusse schon alle verpasst hatten und uns dann ein Ticket fuer den naechsten Tag gekauft haben.
Am naechsten Tag sitzen wir im vollen Bus mit Afrokolumbianern und ich falle ganz schoen auf. Dann ging das Gegacker los. Normalerweise bin ich verwoehnt von der Freundlichkeit und Hoeflichkeit der Bogotanos (hier auch genannt "Rolos"), aber hier wurde um jeden Sitzplatz gekaempft. Es herrschte eindeutig eine andere Mentalitaet. Als der Busfahrer in das Chaos endlich Ordnung bringen wollte, wurde er ausgelacht, es wurde gestoehnt und geschimpft aber eben auch so herzlich gelacht, weil aufgrund dieses Versuches scheinbar nochmehr Chaos herrschte. Wir mussten dreimal unseren Platz wechseln, aber endlich hatte dann auch alles halbwegs seine Ordnung.
Nach 12 Stunden Fahrt, stiegen wir aus und liefen zum Hafen, wo wir uns ein Ticket fuer das Motorboot gekauft haben. Vorher noch schnell einkaufen, dachten wir uns. Aber auch der Einkauf war noch chaotischer wie die Busfahrt. Koerbe voller Kochbahnen, Saecke voller Reis, Schlangen bis ans Ladenende, nörgelnde Kindern an den Rockzipfeln ihrer Muetter, Gedraengel, Afrokolumbianer und dazwischen wir Monos. Joana will Geld abheben. Zwei Maenner mit jeweils einem Stapel Kreditkarten in der Hand entschuldigen sich bei ihr, dass es jetzt ein bisschen laenger dauern koennte. Meine Guete unsere Nerven lagen fast blank. Aber nur fast. Immerhin waren wir ja im Urlaub und das machte uns sehr gluecklich. Nach einer halben Ewigkeit hatten wir alle sieben Sachen zusammen und stiegen mit 40 anderen kolumbianischen Touristen in das Schnellboot und los ging die 40 minuetige Fahrt auf dem Ozean, vorbei an Felshaengen, verlassenen Inseln mit viel Gruen, Wasserfaellen und mystischen Hoehlen. Unser Ziel war ein anderes. Es lag auf einer Halbinsel, die man nur mit einem Boot erreichen konnte. In JUANCHACO stiegen wir aus und wurden sofort von duzenden Einheimischen belagert, die uns mit dem Gepaeck helfen wollten und uns durchs Dorf fuehren wollten. Wir fuhren mit einem Traktor ins naechste Dorf und liefen von da aus in bruetender Mittagshitze eine Stunde durch Matsch zu unserem Ziel: LA BARRA. Ein Dorf, wie es doerflicher nicht sein kann. Direkt am Meer, Holzhuettchen auf Stelzen, Fischrestaurants, zwei kleine Laedchen, ein Kindergarten und eine Kirche. Das war`s. La Barra, das steht in fast keinem Touristenguide, schon gar nicht in einem fuer Auslaender. Mehr war dies ein Insidertipp von einer lieben Mitfreiwilligen. Man muss dazu sagen, dass Pazifik natuerlich was ganz anderes ist als Atlantik, bzw. Karibik, wie in meinem Winterurlaub. Der Sand ist schwarz, das Wasser ist grau und es gibt Ebbe und Flut. Hoert sich nicht so verlockend an. Ist es aber doch! Es hat seinen ganz eigenen Charme und der ist wunderbar.
Im Dorf kennt sich jeder. Wir suchen eine Unterkunft, ein netter Herr hilft uns dabei und fuehrt uns quasi in den Haeusern seiner Freunde herum. Es kommen uns Fledermaeuse entgegengeflogen. Im anderen Haus ist es uns zu dunkel, im anderen gibt es kein Moskitonetz, das andere hat keine Dusche.....man, man, man, diese anspruchsvollen Touristen aber auch immer. Wir finden schliesslich ein hohes Stelzenhaus nur aus Holz. In unserem Zimmer steht ein Doppelbett. Die Dusche ist auf Bauchnabelhoehe und der Vorhang ist nur noch ein Fetzen und weht staendig weg. Das Wasser fliesst durch ein Loch im Boden einfach 2 Meter runter in die Erde. Man kann sich draussen auf den Boden setzen und ueber Palmen und Bananstauden aufs Meer schauen. Wir sind gluecklich.

Unser Zimmerchen











Krebsinvasion


Picina natural-mitten im Dschungel


Dorfstrasse





Kindergarten



Ladrilleros


Es regnet viel, wir gehen spazieren am Strand, essen Fisch, lesen, baden und fahren mit der Lancha, ein kleines Kanu, durch Mangrovenwaelder und besuchen eine Suesswasserquelle, die mitten im Urwald liegt und in dem man in einem Becken auch baden kann. Begleitet werden wir staendig von den kleinen Kindern, die sich um einen ringen und uns schon morgens vor unser Tuer auflauern, um im Bett zu kuscheln, zu spielen und mit uns fruehstuecken. Die Bevoelkerung ist sehr arm, sie lebt von dem bisschen Tourismus, sonst ist alles provisorisch, auch die aerztliche Versorgung ist schlecht und viele Kinder sind schlecht ernaehrt oder haben Wunden, die nicht abheilen. Sie begleiten ihre Eltern beim fischen, Bananen ernten oder laufen einfach mit ihren Freunden oder den Touristen am Strand entlang.  Am Abend gehe ich in die Kirche, ein kleines Holzhuettchen. Es gibt keine Orgel, dafuer ein junger Herr, der am Schlagzeug sitzt und eingaengige Rhythmen spielt. Die 15 Besucher singen lautstark gospelartige Lieder dazu, klatschen und tanzen. Spaeter in der Nacht gibt es Lagerfeuer, trommeln, singen und Mondgucken. Herrlich!
Ich fuehlte mich irgendwie aufgenommen, wie in einer grossen Familie, irgendwie aber auch total fremd. Eine faszinierende Lebensweise, wenn auch so unterschiedlich zu der meinen. Es ist schwer Zugang zu der Bevoelkerung zu bekommen, ausser zu den Kindern. Wer bin ich fuer sie? Ich habe einen Stempel auf der Stirn: Blonde Touristin, hat Geld, kommt von weit weg. Ich fuehle mich irgendwie auch wie ein Eindringling. Sind sie froh ueber die Menschen, die in ihr Dorf kommen? Oder sollten wir lieber solche Gegenden respektieren, und ein Dorf Dorf sein lassen um Kultur zu bewahren?

Nach vier Tagen verlassen wir das Dorf und fahren mit dem Boot ein Dorf zurueck, welches schon ein bisschen groesser ist. LADRILLEROS. Eine Nacht verbringen wir dort. Wir baden im schmutzigen Wasser von der Ebbe, dafuer ist der Strand sehr beeindruckend. Ein riesige Hoehle, in die man reingehen kann und von der Suesswasser tropft, eine natuerliche Dusche sozusagen, dunkle Felshaenge, darueber ragen gruene Pflanzen. Am naechsten Tag nehmen wir unser Motorboot zurueck nach BUENAVENTURA und von dort aus den Nachtbus nach BOGOTÁ. Zuhause. Es ist schoen, auch wieder zurückzukommen. Und so wird es auch in vier Wochen sein.


Dienstag, 25. Juni 2013

otra vez: Medellin und "Arca Mundial"

Vor drei Wochen bin ich noch einmal nach Medellin gefahren. Dort war ich ja schon einmal zum Zwischenseminar. In dieser 3 Mio. Stadt sind weitere Freiwillige von meiner Organisation untergebracht. Fuenf davon arbeiten in der Einrichtung "Arca Mundial", die Kinder und Jugendliche mit Behinderungen betreut. Wir organisierten uns einen Austausch: nach und nach besuchten wir drei Freiwilligen aus Bogotá fuer eine Woche die anderen Freiwilligen in Medellin und lernten ihr Leben und die Arbeit kennen. Meine Woche wurde umrahmt von zwei wunderbaren Wochenenden auf Fincas mit den Maedels. Mitten im Nichts mit viel Ruhe und Entspannung, nichts tun, kochen, lachen, quatschen, planschen, wandern. Das wunderbare ist, dass man einen Spottpreis zahlt, fuer das, was man geboten bekommt. Seht selbst!




Finca in der Naehe von Medellin:








Finca in der Kaffeezone, Manizales:

nichts tun

spielen


kochen

planschen




wandern

In der Woche bin ich jeden Tag mit zur Arbeit gekommen. In diesem Jahr ist die Fundacion umgezogen in ein eigentlich viel zu kleines Haus fuer fast 70 Muchachos, weil das alte Haus gerade renoviert wird. Schwere Arbeitsbedingungen, aber irgendwie klappt ja immer alles. Fuer mich war es eine tolle Erfahrung und ich bin sehr dankbar, auch wenn es nur eine Woche war. Interessant war zu sehen, wie unterschiedlich die Arbeit der Freiwilligen dort in Gegensatz zu unserer war. Man wird immer gebraucht, braucht viel Energie, muss immer aufmerksam sein. Die Freiwilligen arbeiten aktiv in den Salones mit, leiten sie z.T sogar allein, muessen Unterricht vorbereiten und ihn durchfuehren. Sie haben viel Verantwortung, muessen auf jeden Muchacho individuell eingehen und manchmal denken sie wohl, dass es ein Stueck zu viel von allem ist, denn diese Arbeit beschaeftigt einen auch noch in der Freizeit. Es wird nie langweilig und Respekt an meine compañeros, die sich ein Jahr lang tapfer und mit viel Liebe dieser Arbeit gewidmet haben! Wer mehr ueber das Leben von den Medellinern und der Arbeit wissen will, der darf mal einen Blick auf den Blog von Theresia werfen "weltwunderlich" (er ist auch auf dieser Seite, in der linken Spalte verlinkt), es lohnt sich sehr, weil auch Theresia sehr schoen ueber alles schreibt.
Trotzdem habe ich es geschafft, am Freitagnachmittag mir einmal im Schnelldurchlauf, die Stadt ein bisschen anzuschauen. Wie sind mit der eindrucksvollen Metro-cable gefahren. Wie ich vielleicht schon mal erwaehnt habe, hat Medellin als einzige Stadt Kolumbiens eine Metro. Daran angeschlossen ist ein zusaetzliches Gondelsystem, das dazu dient, auch die hoeher gelegenen, meist sehr armen, Barrios zu erreichen, um somit eine totale "Abschottung" zu verhindern. Es gibt z.B. mitten in einem sehr armen Viertel eine supermoderne Bibliothek, die man mit der Gondel erreichen kann. Ich finde das genial, um ein Zeichen zu setzen und ein wenig Normalitaet, Alltag und Bildung in diese Barrios zu bringen.
Auch ist Medellin "Botero"-Stadt, weil er dort geboren ist. Es gibt viele Museen und ein Freilichtpark mit riesigen Statuen.



Metro-Cable

..leider kann ich nicht drehen..



Ein voellig anderes Stadtbild als Bogotà


Bibliothek

In der Gondel schwebend



Botero Park




Ansonsten geht es langsam dem Ende zu. Auf Arbeit gibt es gerade einen ziemlichen Umbruch. Alle Profes der PAES-Kurse hoeren auf bei uns zu arbeiten. -Eine Kurzschlussreaktion. Schon diese Woche ist die Verabschiedung und dann muss man sehen wie es weitergeht. Jetzt sind erst einmal Ferien fuer die Kinder und wir konnten auch noch ein paar Tage raushandeln. Das ist sehr schoen, weil wir so noch einmal Zeit haben, den Pazifik zu erkunden.
Wir hoeren uns bald,
bis dahin,
eure Janka